Schufa-Eintrag, Einkommenssteuer, Altersvorsorge oder Sozialversicherung – es sind Begrifflichkeiten wie diese, die zum Alltagsleben dazu gehören, jedoch vor allem bei jungen Menschen auf dem Weg ins Erwachsenwerden oftmals nur Ratlosigkeit und eine durch Unwissen verursachte Verunsicherung hervorrufen. Denn derartige alltagspraktische Themenfelder sind zumeist kein fester Bestandteil des regulären Schulunterrichts. Dabei wird jeder Schüler spätestens nach seinem Abschluss früher oder später mit eben jenen konfrontiert.

Diese Problematik hat die gemeinnützige Initiative für wirtschaftliche Jugendbildung (IWJB) mit Sitz in Frankfurt erkannt und sich auf die Fahnen geschrieben, an Schulen in ganz Deutschland zumindest ein gewisses Grundverständnis für diese elementaren, wenn auch auf den ersten Blick sperrigen Themenbereiche zu vermitteln. Dafür wurde im Januar 2019 am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Kassel der allererste sogenannte „Zukunftstag“ ins Leben gerufen.
Unter dem Motto „Dein Crashkurs fürs Leben“ wird der Projekttag seitdem bundesweit durchgeführt und machte am Dienstagmorgen auch erstmals am Städtischen Gymnasium in Bad Laasphe (Gymbala) Halt. Hier wurden den Schülerinnen und Schülern von externen Experten in vier Workshops Grundlagen zu den Themen „Steuern“, „erste eigene Wohnung“, „Krankenkasse“ sowie „Finanzen“ näher gebracht und wirtschaftliche und lebenspraktische Kompetenzen vermittelt, die sonst nicht auf dem Lehrplan stehen.

„Schule muss mehr sein als nur Unterricht. Wir müssen die Schüler auch aufs Leben vorbereiten. Und zwar nicht nur in fachlicher Hinsicht, sondern auch in pragmatischen Dingen. Dieses Handwerkszeug soll ihnen heute mit auf den Weg gegeben werden“, verdeutlichte Julia Rohrbach das Ansinnen. Die Lehrerin für Biologie und Sport hat sich federführend um die Organisation des Zukunftstags gekümmert und hofft als Oberstufenkoordinatorin darauf, dass die jungen Erwachsenen für ihr späteres Leben sensibilisiert werden und die Hilfestellung in Form des Projekttages an- und mitnehmen. „Schülerinnen und Schüler fühlen sich heutzutage einfach nicht ausreichend auf den Start ins Erwachsenenleben nach der Schulzeit vorbereitet“, weiß auch Stephanie Bussler. Sie ist Head of Community Management bei der IWJB und hat seit Februar vergangenen Jahres rund 25 Zukunftstage an deutschlandweiten Schulen organisiert und begleitet. Besonders gravierend sei, dass das vorhandene Wissen maßgeblich von der sozialen Herkunft und dem eigenen Elternhaus abhänge.

„Das sorgt für ein extremes Ungleichgewicht. Wir sind deshalb der Überzeugung, dass jeder Jugendliche mit seinem Schulabschluss auch Grundlagenwissen in den vier Themenbereichen des Zukunftstages erhalten haben soll“, so Stephanie Bussler. „Fehlende ökonomische Bildung führt zu realen Herausforderungen. Wer keine Ahnung von Miete hat, findet viel schwerer eine bezahlbare Wohnung, wer keine Ahnung von Finanzen hat, hat beispielsweise ein viel größeres Risiko vor Überschuldung und Altersarmut.“

Deshalb sei der Zukunftstag ein Angebot „von jungen Menschen für junge Menschen“, so die studierte Ethnologin, die in Bad Laasphe zudem als Referentin des Workshops „Krankenkassen“ fungierte. Dabei sprach sie in stetiger Interaktion mit ihren Zuhörern nicht nur über fünf Säulen der Sozialversicherung (Kranken-, Unfall-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung), sondern klärte auch neutral und werbefrei über den Unterschied zwischen einer gesetzlichen und einer privaten Krankenversicherung sowie die jeweiligen Kassenleistungen und Beiträge auf. Mit ihrer Anmerkung, dass manche Krankenkassen auch Zuschüsse für den Besuch im Fitnessstudio gewähren, sorgte sie bei den Schülern für spürbare Vorfreude.

Etwas komplexer, aber nicht minder lebensnah ging es im Workshop „Steuern“ zu. Hier klärten fachkompetente Referenten aus der Branche unter anderem über die sperrigen Themen Steuererklärung und Steuerklasse auf und zeigten auf, welche Studienkosten geltend gemacht werden können. Der Workshop „Finanzen“ beschäftigte sich wiederum mit der Altersvorsorge in Deutschland, den unterschiedlichen Vorsorgemodellen und gab Aufschluss darüber, welche Versicherungen man als Student braucht. Im Workshop „erste eigene Wohnung“ ging es um Kriterien für die Wohnungssuche, Schufa-Einträge und Pflichten als Mieter.

„Das ist echt jede Menge Input, aber auf jeden Fall fürs spätere Leben super hilfreich“, zeigten sich die Schüler im Anschluss an den rund sechststündigen Zukunftstag erschöpft, aber auch durchaus angetan.

Quelle: Siegener Zeitung vom 18.01.2023