Châteauneuf-sur-Loire in Frankreich, Tamworth in England – und jetzt nimmt das Städtische Gymnasium die türkische Metropole Izmir ins Visier. Im Mai erwartet das ”Städtische” 19 Schüler der Privaten Çakab ey-Schule zum allerersten Austauschprogramm. Angefangen hat alles mit einer ehemaligen Schülerin der Lahnstadt.

Die lebte nämlich mit ihren Eltern hier, absolvierte vor 13 Jahren ihr Abitur und kehrte irgendwann zurück in ihr Heimatland. Heute ist sie Lehrerin – und zwar genau an eben jener Özel Çakab ey Okullar. Die Schule am Rande der 3,5-Mill.-Einwohner-Stadt Izmir suchte eine kleine aber feine Partnerschule in Deutschland. Da kam der Tipp der Ex-Schülerin mit ihrem ehemaligen Gymnasium in Bad Laasphe genau richtig. Die Schule im Nordwesten von Izmir, als riesiger Komplex sozusagen auf der grünen Wiese errichtet, entschied sich für das Städtische. Das wiederum setzte alle Hebel in Bewegung, um die Partnerschaft in trockene Tücher zu packen.

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Maßgeblich beteiligt an der ersten Kontaktaufnahme waren die Lehrer Jörg Menzenbach und Sebastian Näther. Sie buchten einen Flug in die Türkei und tüteten vor Ort die Partnerschaft mit der Privaten Çakab ey-Schule ein. Vor Ort trauten die beiden Kollegen ihren Augen nicht. Die Schule ist ein Ganztagsschulzentrum mit einem pädagogischen und betreuerischen Gesamtkonzept, wie Sebastian Näther erläutert. Hier gehen die Kinder von Ärzten und Anwälten, Ingenieuren und Wissenschaftlern zur Schule, die Kinder privilegierter Eltern. Schließlich haben Unterricht und Betreuung in der Privatschule in Izmir ihren Preis. In den Fluren sind jede Menge Putzkräfte beschäftigt, die vielen Busse warten auf dem Parkplatz bis Schulschluss, das Mittagessen ist vom Feinsten, alles blitzt und blinkt.

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Auch die Möglichkeiten sind vielfaltig. Die Schule ist ein Komplex mit mehreren Gebäuden – vom Kindergarten bis zum Abitur. Eine riesige Sporthalle, Tennisplätze, Basketballfelder und weitere Einrichtungen komplettieren das Angebot. Der Unterricht hat alles zu bieten, was eine fundierte Ausbildung nur bieten kann: PC-Räume mit modernster Technik, Beamer in den Klassen oder zahlreiche Musikinstrumente. Wer die Augen schließt und für einen Moment alle Klischees von einem orientalischen Land vergisst, der glaubt sich irgendwo mitten in West-Europa.

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Im Mai begrüßt das Städtische Gymnasium die Gäste aus der Türkei, im Herbst erfolgt der Gegenbesuch der Bad Laaspher in Izmir. Der Austausch findet mit den siebten Klassen von Mittwoch bis Mittwoch statt. Dann verbringen die Schüler die ersten Tage in der Schule und haben anschließend ein gemeinsames Wochenende. Das halten wir für sinnvoll, so Jörg Menzenbach.

Im Gegensatz zu Châteauneuf-sur-Loire und Tamworth geht es beim Türkei-Austausch nicht vorwiegend um die Sprache. Es ist ein interkultureller Austausch. Von Kultur ist bekanntlich in der Türkei reichlich vorhanden. Für ihren Deutschland-Aufenthalt haben die türkischen Kinder auch schon Wünsche geäußert. Sie kommen aus der Großstadt und sehnen sich nach der Natur. Den Wald wollen sie sehen, berichtet Schulleiter Winfried Damm. Daran orientiert sich das Städtische Gymnasium auch bei der Gestaltung des Programms. Denkbar wäre ein Besuch im Naturpark Kellerwald-Edersee. Spannend wäre sicher auch eines der bedeutendsten Artenschutzprojekte in Europa, die Wisent-Wildnis bei Wingeshausen.

Siegener Zeitung vom 6. Februar 2014